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Landgericht Karlsruhe entscheidet Klage über angeblichen Corona-Impfschaden (LG Karlsruhe, 8 O 289/22)

Datum: 29.04.2024

Kurzbeschreibung: Nach mündlicher Verhandlung vom 26.02.2024 hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe mit Urteil vom 25.04.2024 die Klage einer Privatperson gegen einen Hersteller von auf dem Botenmolekül Messenger-RNA (mRNA) basierenden Impfstoffen abgewiesen.

In dem Verfahren begehrte der Kläger materiellen und immateriellen Schadenersatz wegen vorgeblich erlittener Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund einer Impfung mit dem Präparat der Beklagten gegen das SARS-CoV-2-Virus. Zudem machte der Kläger diesbezügliche Auskunftsansprüche gegen die Beklagte geltend.

Der Kläger ließ sich im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie mit dem Präparat der Beklagten gegen das SARS-CoV-2-Virus impfen. Er behauptete, durch die zwei Impfungen erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen und -schäden erlitten zu haben, so u.a. Herzrhythmusstörungen, Erschöpfungszustände, Schädigungen des Immunsystems, Autoimmunreaktionen und ein sog. Post-Vac-Syndrom. Deshalb verlange er ein Schmerzensgeld in Höhe von 150.000 €.

Die Kammer hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des Arzneimittelgesetzes (§ 84 AMG), des Gentechnikgesetzes (§ 32 GenTG) sowie von sonstigen Tatbeständen (§ 15 ProdHaftG, § 823 Abs. 1, 2 BGB in Verbindung mit §§ 223, 224 StGB und §§ 5, 8, 95, 96 AMG) nicht erfüllt seien. Dem Kläger sei es bereits nicht gelungen darzulegen, dass infolge der Impfungen eine Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten sei. In diesem Zusammenhang könne sich der Kläger bei seinem Vortrag nicht darauf beschränken, nur die für ihn günstigen Tatsachen vorzutragen, sondern müsse jedwede Tatsachen vortragen, die im Einzelfall für oder gegen eine Schadensverursachung – d.h. Gesundheitsbeeinträchtigung – sprechen könnten. Das schließe auch Grund- und Parallelerkrankungen, Risikofaktoren sowie die Einnahme anderer Arzneimittel ein. Gerade diesen Grundsätzen der Rechtsprechung entspreche der Vortrag des Klägers nicht. 

Auch die Ausführungen des Klägers zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis seien nach Ansicht der Kammer nicht geeignet, das im Rahmen der Zulassungsprüfung durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bescheinigte positive Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffes in Frage zu stellen.

Des Weiteren bestehe auch kein Auskunftsanspruch des Klägers gemäß § 84a AMG. Denn aufgrund des mangelnden Nachweises einer Gesundheitsbeeinträchtigung infolge der verabreichten Impfstoffe der Beklagten seien die Voraussetzungen für eine solche Auskunftserteilung nicht erfüllt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung angegriffen werden.

§ 84 des Arzneimittelgesetzes (AMG) lautet:

Gefährdungshaftung

(1) 1Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. 2Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn

1.das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder

2.der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

(2) 1Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. 2Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. 3Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. 4Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.

(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.

 § 84a des Arzneimittelgesetzes (AMG) lautet:

Auskunftsanspruch
(1) 1Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, so kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich. 2Der Anspruch richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können. 3Die §§ 259 bis 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. 4Ein Auskunftsanspruch besteht insoweit nicht, als die Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht.

(2) 1Ein Auskunftsanspruch besteht unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch gegenüber den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind. 2Die Behörde ist zur Erteilung der Auskunft nicht verpflichtet, soweit Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht. 3Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz bleiben unberührt.

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